Die elektrischen und physikalischen Eigenschaften von Koaxialkabeln wurden vor langer Zeit in der militärischen Norm „MIL-C-17“ spezifiziert [1]. Die entsprechenden Kabel wurden mit „RG“ und einer Nummer bezeichnet, z. B. RG 58. Gegebenenfalls folgte noch eine Revisions- oder Variantenbezeichnung. Ein Beispiel ist das bekannte RG 58 C/U.
Kabel für militärische Anwendungen werden heute nach MIL-DTL-17 spezifiziert [2]. Die entsprechenden Kabel beginnen nun mit „M17/“ gefolgt von einer Nummer, z. B. M17/190-00001. RG-Bezeichnungen werden nicht mehr verwendet.
RG-Kabel haben sich jedoch längst als Industriestandard durchgesetzt und werden daher für zivile Zwecke weiterhin unter der bekannten Bezeichnung angeboten. Kabel mit gleicher RG-Nummer unterscheiden sich jedoch je nach Hersteller geringfügig, so dass immer die entsprechenden Datenblätter zu prüfen sind. Je nach Hersteller werden die Kabel auch etwas anders bezeichnet, z. B. „RG 174/U“ oder „RG-174“.
Neben den bewährten RG-Kabeln findet man heute im industriellen Bereich eine Vielzahl weiterer Koaxialkabel für die unterschiedlichsten Anwendungen. Um die Auswahl zu erleichtern, können Koaxialkabel aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten in Kabelgruppen eingeteilt werden.
Der Außenleiter eines flexiblen Standardkabels besteht aus einem einfachen Drahtgeflecht. Um die Schirmwirkung zu erhöhen, wird dieser auch doppelt ausgeführt (doppelt geschirmtes Koaxialkabel). Dabei werden zwei Geflechtschirme übereinander gelegt, um die Dichte des Geflechts zu erhöhen. Durch die kleinere Maschenweite verbessert sich auch die Schirmwirkung bei hohen Frequenzen und der nutzbare Frequenzbereich vergrößert sich.
Das Dielektrikum eines einfachen Standardkabels besteht aus Polyethylen (PE) und der Mantel aus Polyvinylchlorid (PVC). Diese Kabel sind sehr flexibel und eignen sich für alle Anwendungen ohne besondere Anforderungen.
Die wichtigsten flexiblen Standardkabel mit PE-Dielektrikum und PVC-Mantel sind:
Bild: Koaxialkabel mit Drahtinnenleiter, PE-Dielektrikum, doppelten Geflechtschirm und PVC-Mantel (RG 223)
Hochwertige Kabel bestehen aus einem PTFE-Dielektrikum und einem FEP- oder PFA-Mantel. Diese Kabel zeichnen sich durch einen großen Temperaturbereich (>+165 °C) und einer sehr guten Beständigkeit gegen Umwelteinflüssen und Chemikalien aus.
PTFE/FEP-Kabel haben bessere elektrische Eigenschaften als PE/PVC-Kabel und sind mechanisch etwas fester. Dadurch sind sie robuster und zuverlässiger. Optimal für Anwendungen mit erhöhten Anforderungen, wie z. B. im Messlabor.
Die wichtigsten flexiblen Standardkabel mit PTFE-Dielektrikum und FEP/PFA-Mantel sind:
Mit Ausnahme von RG-178 und RG-316 sind alle angegebenen Kabel doppelt geschirmt. Das RD-316 ist eine doppelt geschirmte Variante des RG-316 und wird auch als RGD-316 bezeichnet.
Die Kabel RG-142 und RG-400 unterscheiden sich durch den Innenleiter. Dieser ist beim RG-142 ein verkupferter und versilberter Stahldraht, beim RG-400 eine versilberte Kupferlitze. Dadurch ist das RG-142 etwas robuster, das RG-400 etwas flexibler. Beide Kabel sind jedoch deutlich weniger flexibel als ein PE/PVC-Standardkabel mit gleichem Außendurchmesser, wie z. B. dem RG-223.
Das RG-393 zeichnet sich durch eine sehr hohe Belastbarkeit aus.
PTFE-Kabel werden umgangssprachlich als „Teflon-Kabel“ bezeichnet. Dies ist nicht korrekt, da die Bezeichnung „Teflon“ ein eingetragenes Warenzeichen von „The Chemours Company FC, LLC“ ist. Kabelhersteller verwenden diese Markenbezeichnung für PTFE in der Regel nicht.
Der Hersteller Huber+Suhner bietet mit der Enviroflex-Serie eine halogenfreie Alternative zu den gängigen PTFE/FEP-Kabeln an. Diese sind abmessungskompatibel zu den entsprechenden RG-Kabeln, bestehen aber nicht aus fluorierten Kunststoffen. Sie sind halogenfrei und haben ein verbessertes Brandverhalten (flammhemmend).
Bild: Koaxialkabel mit Drahtinnenleiter, PTFE-Dielektrikum, doppelten Geflechtschirm und FEP-Mantel (RG 142)
Kabel, die im Vergleich zu einem Standardkabel gleichen Durchmessers eine geringere Dämpfung aufweisen, werden als „Low Loss“ oder „dämpfungsarme“ Kabel bezeichnet.
Um bei gleichem Außendurchmesser eine geringere Kabeldämpfung zu erreichen, werden in ein PE-Dielektrikum Luftzellen eingebracht, so dass ein PE-Schaum entsteht. Dadurch verringert sich die relative Dielektrizitätskonstante. Damit der Wellenwiderstand gleich bleibt, muss der Durchmesser des Innenleiters vergrößert werden.
Dadurch verringert sich der Leiterwiderstand des Innenleiters und damit dessen Verluste. Diese tragen bei üblichen Betriebsfrequenzen wesentlich zur Gesamtdämpfung des Kabels bei. Die Ausführung des Innenleiters als Einzeldraht anstelle einer Litze optimiert die Dämpfung nochmals geringfügig und ist daher vorzuziehen.
Zum Beispiel hat ein 50 Ohm Standardkabel mit einem Außendurchmesser von 10 mm und einem festen PE-Dielektrikum von 7,3 mm (z. B. RG-213) einen Innenleiterdurchmesser von 2,3 mm. Durch das Einbringen von Luftzellen in das Dielektrikum sinkt die Dielektrizitätskonstante um ca. 40 % und der Innenleiterdurchmesser vergrößert sich auf ca. 2,8 mm. Nur so bleibt der Wellenwiderstand gleich!
Die dielektrischen Verluste nehmen zwar ebenfalls mit dem Einbringen der Luftzellen ab, der Einfluss wird aber erst bei höheren Frequenzen zunehmend relevant.
Im Gegensatz zu einem festen Dielektrikum ist ein geschäumtes Dielektrikum jedoch anfälliger für Feuchtigkeit. Ein Kunststoffmantel ist nie völlig wasserdampfdicht, und Temperaturschwankungen können zu Kondensation im Kabel führen. Feuchtigkeit im Dielektrikum verändert die elektrischen Eigenschaften des Kabels erheblich. Einige Hersteller stellen daher das Dielektrikum mit einer geschlossenen Innen- und Außenwand her.
Der Außenleiter eines Low Loss-Kabels besteht in der Regel aus einer Kombination einer leitfähigen Folie, die das Dielektrikum vollständig umschließt, und einem Schirmgeflecht mit geringer Bedeckung. Durch die Folie wird auch der Dämpfungsanteil des Außenleiters minimiert und zusätzlich eine sehr hohe Schirmdämpfung erreicht. Letztere wird von modernen Koaxialkabeln gefordert.
Um Folienrisse beim Biegen des Kabels zu vermeiden, wird die leitende Folie auf der dem Dielektrikum zugewandten Seite meist mit Kunststoff beschichtet oder mit dem Dielektrikum verklebt.
Der Übergang zwischen Folie und Steckverbinder ist bei Folien-/Geflechtkabeln generell problematischer als bei reinen Geflechtkabeln, insbesondere bei Verwendung eines Crimpsteckers. Durch die mechanisch und elektrisch undefinierte Verbindung zwischen Folie und Crimpstecker können bei höheren Frequenzen ab ca. 3 GHz bewegungsabhängige Peaks („suckouts“) auftreten.
Durch die geringe Bedeckung des Geflechts wird keine hohe Zugfestigkeit des Kabels erreicht. Die Herstellungskosten bleiben dafür niedrig.
Da Low Loss Kabel überwiegend im Außenbereich eingesetzt werden, wird wegen der geringeren Wasserdampfdurchlässigkeit ein PE-Mantel verwendet. Für Anwendungen mit erhöhten Brandschutzanforderungen sind fast alle Low Loss Kabel auch mit flammwidrigem und halogenfreiem Mantel erhältlich.
Low Loss Kabel gibt es mit vergleichbarem Aufbau von verschiedenen Herstellern. Die Bezeichnung beginnt je nach Hersteller mit einem spezifischen Namen, gefolgt von der Angabe des Außendurchmessers in Tausendstel Zoll.
Gelegentlich werden Kabel auch nach dem Außendurchmesser (mm) des Innenleiters und dem Innendurchmesser (mm) des Außenleiters bezeichnet, z. B. 2,7/7,25 (mm).
Wichtige dämpfungsarme Koaxialkabel sind:
Der Frequenzbereich erstreckt sich bis ca. 6 GHz. Das Low Loss 100 ist das einzige Kabel in der Liste mit einem festen Dielektrikum. Hier sind es nur der Innenleiter und die Außenleiterfolie, die zu einer (etwas) geringeren Dämpfung als beim vergleichbaren Standardkabel RG-174 führen.
Low Loss Kabel mit Drahtinnenleiter und PE-Mantel sind im Vergleich zu einem PE/PVC-Standardkabel gleichen Durchmessers deutlich weniger flexibel. Dies ist in der Regel unproblematisch, da diese Kabel meist fest verlegt werden.
Für Anwendungen, bei denen das Kabel regelmäßig bewegt wird, z. B. rotierende Antennen, wird ein Low Loss Kabel mit Kupferlitzeninnenleiter und PVC-Mantel bevorzugt. Insbesondere Kabel mit Aluminiuminnenleiter sind nicht für dynamische Beanspruchung geeignet.
Bild: Koaxialkabel mit Litzeninnenleiter, geschäumten PE-Dielektrikum, Folien-/Geflechtaußenleiter und PVC-Mantel (Ultraflex 7)
Den besten Außenleiter erhält man als vollständig geschlossenes Rohr. Auch die Schirmdämpfung erreicht damit die besten Werte in der Größenordnung von 120 dB.
Diese halbstarren Kabel werden als Semi-Rigid-Leitungen bezeichnet. Durch den starren Aufbau erreichen Semi-Rigid-Leitungen eine sehr hohe Stabilität der elektrischen Eigenschaften.
Der Außenleiter einer Semi-Rigid Leitung besteht aus Kupfer, oder wenn Preis und Gewicht relevant sind, auch aus Aluminium. Die Oberfläche ist meist verzinnt, seltener versilbert.
Für den Einsatz in Kryostaten bei Tieftemperatur können Semi-Rigid-Leitungen mit Kupfermantel aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit nicht verwendet werden. Für diese Anwendungen stehen Semi-Rigid-Leitungen mit einem Außenleiter aus Edelstahl zur Verfügung. Darf die Leitung zusätzlich nicht magnetisierbar sein, kommt Titan zum Einsatz.
Die Steckermontage an Edelstahl oder Titan ist jedoch aufwendig und die anschlussfertigen Leitungen sind entsprechend teuer.
Für Anwendungen bei extrem hohen Temperaturen stehen Semi-Rigid-Leitungen mit Siliziumdioxid (SiO2)-Dielektrikum zur Verfügung. Diese können je nach Aufbau und Steckverbinder bis +600 °C eingesetzt werden [3].
Der Innenleiter einer Semi-Rigid-Leitung besteht in der Regel aus verkupfertem und versilbertem Stahldraht oder aus versilbertem Kupfer. Letzteres ist zusammen mit einem Kupfermantel (oder Titan) Voraussetzung für Anwendungen in der Umgebung hoher Magnetfelder.
Die hervorragende Schirmdämpfung, die sich aus dem nahezu perfekten Aufbau ergibt, ermöglicht den Einsatz von Semi-Rigid-Leitungen bis zu höchsten GHz-Frequenzen. Aufgrund der hervorragenden elektrischen Eigenschaften werden Semi-Rigid-Leitungen häufig für die Verkabelung innerhalb von HF-Messgeräten eingesetzt.
Aufgrund der hohen Stabilität der elektrischen Eigenschaften können auch Leitungssätze gleicher elektrischer Länge (Phase) hergestellt werden. Dies wird als „Phase Matching“ bezeichnet.
Semi-Rigid-Leitungen werden mit einem Biegewerkzeug oder einer CNC-Biegemaschine nach einer Skizze oder einer 3D-Zeichnung in die gewünschte Form gebogen.
Erst danach erfolgt eine thermische Behandlung (Preconditioning) durch definierte Kühl- und Heizzyklen. Dieser künstliche Alterungsprozess führt zu einer Entspannung des PTFE-Dielektrikums und ist für die Langzeitstabilität und für die spätere Steckermontage notwendig.
Ohne diese Vorbehandlung würde sich das Dielektrikum bereits beim Anlöten des Steckverbinders stark ausdehnen und die Einhaltung der engen Toleranzen unmöglich machen.
Semi-Rigid-Leitungen werden nach ihrem Außendurchmesser in Tausendstel Zoll (mil) oder mit einer RG-Nummer bezeichnet.
Die wichtigsten Semi-Rigid Leitungen sind:
Semi-Rigid Leitung (0,141") mit zwei SMA Winkellötstecker
Eine Mischung aus flexiblen Kabeln und halbstarren Leitungen sind handformbare oder halbflexible (engl. „conformable“ oder „hand-flex“) Semi-Rigid-Leitungen.
Dabei wird das Metallrohr durch ein vollständig mit Zinn getränktes Außenleitergeflecht (engl. „tin soaked braid“) ersetzt. Diese Leitungen können einfach von Hand in die gewünschte Form gebogen werden und behalten diese Form auch bei. Spezielle Biegewerkzeuge sind nicht notwendig. Da sie erst nach der Konfektionierung gebogen werden, lassen sie sich vergleichsweise einfach in ein Gerät einbauen.
Handformbare Leitungen sollten aber nicht öfters als unbedingt notwendig gebogen werden, da bei wiederholtem Biegen die Gefahr besteht, dass der Außenleiter bricht. Sie sind wesentlich kostengünstiger als normale Semi-Rigid-Leitungen und verdrängen diese zunehmend aus vielen Anwendungen.
Handformbare Semi-Rigid-Leitungen erreichen ebenfalls eine sehr hohe Schirmdämpfung und eine hohe Stabilität der elektrischen Eigenschaften. Sie eignen sich daher auch sehr gut für die Herstellung von Leitungssätzen gleicher elektrischer Länge (Phase Matching).
Ein Mantel ist bei handverformbaren Semi-Rigid-Leitungen nicht erforderlich. Für spezielle Anwendungen, bei denen die Leitung Umwelteinflüssen ausgesetzt ist, sind jedoch auch Ausführungen mit
einem zusätzlichen Mantel aus FEP erhältlich.
Die Abmessungen von handformbaren Semi-Rigid-Leitungen sind identisch mit denen von halbstarren Semi-Rigid-Leitungen.
Koaxialkabel mit zinngetränkten Geflechtschirm (handformbar)
Um die Vorteile wie den großen Frequenzbereich und die hohe Schirmdämpfung der Semi-Rigid-Leitungen auch auf flexible Kabel zu übertragen, wird bei flexiblen Mikrowellenkabeln ein Metallband, meist aus versilbertem Kupfer, als Außenleiter spiralförmig um das Dielektrikum gewickelt. Darüber folgt wiederum ein Geflecht und ein Mantel aus FEP.
Das spiralförmig gewickelte Metallband sorgt für eine lückenlose Abschirmung und eine möglichst stabile koaxiale Struktur, die auch bei Bewegungen des Kabels sehr gut erhalten bleibt.
Bei diesen Kabeln wird der gesamte Außenleiter, bestehend aus Band und Geflecht, direkt mit dem Steckergehäuse verlötet. Dadurch ergibt sich ein nahtloser Übergang zwischen den Außenleitern und somit geringe Reflexionen und eine hohe Schirmung.
Üblicherweise besteht das Dielektrikum dieser Kabel aus massivem PTFE und die Abmessungen sind identisch mit den 0,086“ und 0,141“ Semi-Rigid-Leitungen. Unter Berücksichtigung der zusätzlichen FEP-Ummantelung beträgt der Außendurchmesser dann 2,7 mm bzw. 4,1 mm.
Als Steckverbinder können die der entsprechenden Semi-Rigid-Leitungen verwendet werden. Die Lötverbindung des Außenleiters ist jedoch mechanisch sehr empfindlich und muss durch einen Knickschutz wirksam vor Beschädigung oder Bruch geschützt werden. Hierfür eignen sich thermoplastische Umspritzungen oder spezielle Knickschutzhülsen aus Metall.
Leider werden diese Steckverbinder aber oft nur mit einem einfachen Schrumpfschlauch versehen, da dies die einfachste und billigste Variante ist. Der dünne Schrumpfschlauch schützt aber die Lötstelle in keiner Weise. Die Folge ist, dass diese Kabel häufig mit einem gebrochenen Außenleiter ausfallen.
Bekannte flexible Mikrowellenkabel sind:
Vergleichbare Kabel gibt es auch unter anderer Bezeichnung von weiteren Herstellern.
Bild: Mikrowellenkabel, Multiflex 141 (H+S)
Für spezielle Anwendungen, bei denen zusätzlich eine geringere Dämpfung oder eine sehr hohe Belastbarkeit gefordert ist, stehen auch flexible, dämpfungsarme (low loss) Mikrowellenkabel zur Verfügung. Das PTFE-Dielektrikum wird hierbei durch Ziehen aufgeweitet und als ePTFE bezeichnet [11]. Ähnlich wie bei geschäumtem PE führen die Luftzellen so zu einer geringeren Dichte und einer niedrigeren Dielektrizitätskonstante.
Die Koaxialkabel der LL-Serie des Herstellers Harbour Industries verwenden beispielsweise ein expandiertes PTFE-Band, das um den Innenleiter gewickelt ist. Dies wird als „ePTFE Tape Wrapping“ bezeichnet. Ein bekanntes Kabel dieser Serie ist das „LL 142“ mit einem Außendurchmesser von 4,95 mm [4].
Leider sind ePTFE-Bänder mechanisch sehr weich, so dass die entsprechenden Kabel nicht so robust sind wie Kabel mit festem PTFE-Dielektrikum.
Bei der vektoriellen Netzwerkanalyse werden Koaxialkabel als Testkabel zwischen Netzwerkanalysator (VNA) und Prüfling (DUT) verwendet. Mit einem Kalibrierkit wird der DUT-Anschluss des Testkabels als Referenzebene kalibriert. Die bei der Kalibrierung ermittelte Fehlerkorrektur verbessert die Messgenauigkeit.
Um genaue und reproduzierbare Messergebnisse zu erhalten, dürfen sich Phase und Dämpfung des Messkabels nach der Kalibrierung nicht mehr ändern.
Wird ein Koaxialkabel jedoch gebogen, kommt es durch Stauchung und Dehnung zu einer Änderung der Geometrie. Dies wiederum führt zu einer Änderung der Phase und der Dämpfung.
Neben der Bewegungsabhängigkeit darf aber auch die Temperaturabhängigkeit für präzise Messungen nicht vernachlässigt werden. Leider zeigen gerade Kabel mit festem PTFE-Dielektrikum eine
sehr hohe Temperaturabhängigkeit der Phase, insbesondere im Bereich zwischen +15 und +20 °C [5].
Dieses Problem kann durch ein Dielektrikum aus PTFE mit niedriger Dichte erheblich verbessert werden. Allerdings ist ein gewickeltes Dielektrikum aus expandiertem PTFE (ePTFE tape wrapping) sehr weich. Wird das ePTFE-Dielektrikum jedoch extrudiert (Low Density Extrusion PTFE), ist es mechanisch fester [12]. Diese Dielektrika bilden die Grundlage für phasenstabile Testkabel.
Durch geeignete Wahl des Kabelaufbaus und der verwendeten Materialien kann die Stabilität einesTestkabels optimiert werden. Ein gutes Testkabel kostet deshalb einen mittleren drei- bis vierstelligen Betrag.
Für einfache Anwendungen kann jedoch auch ein flexibles Mikrowellenkabel mit festem PTFE-Dielektrikum ausreichend sein. Der Außenleiter des Steckverbinders ist mit dem Außenleiter des Kabels zu verlöten, um auch an dieser kritischen Stelle eine gute Phasenstabilität zu gewährleisten.
Aber wie wird die Stabilität eines Testkabels gemessen? In der DIN EN IEC 60966-1 „Konfektionierte Koaxial- und Hochfrequenzkabel, Fachgrundspezifikation“, werden im Abschnitt 8.6 Messverfahren für die Phasenstabilität angegeben [6]. Üblicherweise wird das Kabel um einen Dorn mit definiertem Durchmesser U-förmig (180°) einmal im und einmal gegen den Uhrzeigersinn gebogen und die maximale Phasenänderung gegenüber dem Zustand vor der Messung aufgezeichnet. Der Radius des Dorns entspricht in der Regel etwa dem dynamischen Biegeradius. Der Durchmesser beträgt daher bei üblichen Testkabeln ca. 3 Zoll bzw. ca. 8 cm.
Viele Hersteller von Testkabeln verwenden jedoch unterschiedliche Verfahren oder unterschiedliche Dorndurchmesser. Dies erschwert den Vergleich von Testkabeln verschiedener Hersteller. Neben den Stabilitätswerten sollte daher immer auch das verwendete Messverfahren im Datenblatt überprüft werden.
Mobilfunkbasisstationen oder andere Sende- und Empfangsanlagen mit langen Kabelstrecken benötigen Kabel mit sehr geringer Dämpfung bei gleichzeitig hoher Belastbarkeit und hoher Schirmdämpfung. Dadurch werden Verluste minimiert und die Störsicherheit erhöht.
Die Forderung nach geringer Dämpfung und hoher Belastbarkeit kann mit einem großen Kabeldurchmesser im cm-Bereich und der Verwendung eines geschäumten PE-Dielektrikums erfüllt werden. Eine sehr hohe Schirmdämpfung wird mit einem geschlossenen Metallrohr als Außenleiter erreicht.
Damit ein solches Kabel bei der Verlegung noch gebogen werden kann, ist der Außenleiter (und ggf. auch der Innenleiter) als gewelltes Rohr ausgeführt. Dies ist auch der Grund für die Bezeichnung „Wellmantelkabel“ (engl. corrugated coaxial cable).
Der typische Durchmesser eines Wellmantelkabels liegt im cm-Bereich. Die für Wellmantelkabel geeigneten Steckverbinder sind für eine einfache Montage vor Ort ausgelegt. Die Bezeichnung der verschiedenen Wellmantelkabel erfolgt nach dem Außendurchmesser in Zoll.
Die wichtigsten Wellmantelkabel sind:
Bild: Wellmantelkabel mit Drahtinnenleiter
In der Nachrichtentechnik werden Koaxialkabel mit einem Wellenwiderstand von 50 Ohm verwendet, in der Videotechnik mit 75 Ohm.
Insgesamt ist die Auswahl an 75 Ohm Kabeln deutlich übersichtlicher, so dass diese hier unabhängig von ihrem Aufbau in einer eigenen Liste zusammengefasst wurden.
Wichtige flexible 75 Ohm Standardkabel sind:
Mit Ausnahme des RG-59 bestehen alle aufgeführten Kabel aus einem PTFE-Dielektrikum und einem FEP/PFA-Mantel. RG-59 ist ein sehr flexibles 75 Ohm PE/PVC-Standardkabel für alle Anwendungen ohne besondere Anforderungen.
Das RD-179 unterscheidet sich vom RG-179 durch einen doppelten Geflechtschirm und ist auch das einzige doppelt geschirmte Kabel in der Liste.
Das RG-179 unterscheidet sich vom RG-187 durch den Außenmantel, der beim RG-187 aus PFA und beim RG-179 aus FEP besteht. Der PFA-Mantel erhöht den Temperaturbereich und die Belastbarkeit.
Wie bei den 50 Ohm Kabeln gibt es auch entsprechende Ausführungen von dämpfungsarmen Kabeln für die Videotechnik.
Wichtige dämpfungsarme 75 Ohm Standardkabel sind:
Im Gegensatz zu normalen Kabeln, die die Energie möglichst verlustfrei im Kabel transportieren sollen, strahlen sogenannte „strahlende Kabel“ definiert Energie nach außen ab oder empfangen Signale. Ähnlich einer Antenne. Dies wird erreicht, indem der Außenleiter als gerades oder gewelltes Rohr ausgeführt und in definierten Abständen mit Längs- oder Querschlitzen versehen wird.
Diese Spezialkabel werden z. B. für die Rundfunk- oder Mobilfunkversorgung in Straßentunneln, im Bergbau oder auf Schiffen eingesetzt.
Koaxialkabel werden wegen ihrer hervorragenden Abschirmung auch zur Übertragung sehr kleiner Gleichspannungen oder niederfrequenter Wechselspannungen verwendet. Typische Anwendungen sind z. B. Anschlussleitungen für Sensoren.
Wird das Koaxialkabel bewegt oder verformt, entsteht ein niederfrequentes Rauschen, das auch als Mikrofoniespannung bezeichnet wird. Ursache hierfür sind piezoelektrische und triboelektrische Effekte. Piezoelektrische Effekte führen zu Ladungsverschiebungen zwischen den Innen- und Außenflächen des Dielektrikums. Triboelektrische Effekte führen zur Ladungstrennung, wenn sich ein Leiter bei Bewegung kurzzeitig vom Dielektrikum löst [8].
Dieses Rauschen wird insbesondere bei der Übertragung sehr kleiner Spannungen im Bereich <10 mV zum Problem. Neben absichtlichen Bewegungen des Kabels führen auch Vibrationen, z. B. von anderen Geräten, zu diesen Störspannungen.
Für die Übertragung sehr kleiner Gleichspannungen oder niederfrequenter Wechselspannungen stehen daher geräuscharme Kabel zur Verfügung. Bei diesen ist auf dem Dielektrikum eine halbleitende Schicht aufgebracht [9]. Das Potential an der Außenseite des Dielektrikums bleibt auch bei kurzzeitigem Lösen des Geflechts erhalten. Störspannungen werden durch diesen Aufbau um eine Größenordnung oder mehr reduziert.
Triaxialkabel sind eine Sonderform der Koaxialkabel mit zwei Außenleitern, die durch eine Isolierung getrennt sind. Diese Kabel werden z. B. in der Messtechnik zur Übertragung sehr kleiner Ströme verwendet.
Dazu wird das zu messende Signal zwischen dem Innenleiter und dem äußeren Außenleiter angelegt. Der innere Außenleiter wird durch das Messgerät auf dem gleichen elektrischen Potential wie der Innenleiter gehalten.
Das Potential des inneren Schirms verhindert somit Leckströme im Dielektrikum zwischen Innenund (äußeren) Außenleiter. Mit Triaxialkabeln können Ströme im fA-Bereich übertragen werden.
Kabel, die unter starkem Unterdruck eingesetzt werden, müssen auch in dieser Umgebung ihre Eigenschaften behalten. Hinzu kommt das Problem, dass Kunststoffe im Vakuum über einen längeren Zeitraum ausgasen. Besonders im Hoch- und Ultrahochvakuum ist dies ein großes Problem.
Für Hochvakuumanwendungen werden von einigen Herstellern hierzu eigens spezifizierte Koaxialkabel angeboten. Dabei handelt es sich um Koaxialkabel mit einem Dielektrikum und einem Mantel aus PTFE oder Kapton. Beides sind Kunststoffe, die wenig ausgasen und zudem hoch erhitzt werden können. Letzteres ermöglicht somit auch das notwendige Ausheizen.
Eine Anwendung von Koaxialkabeln außerhalb der Nachrichtentechnik ist die Übertragung von hohen Spannungen bei geringen Strömen. Zu diesem Zweck werden auch RG-Standardkabel, wie das RG-58 (50 Ohm) oder RG-59 (75 Ohm), verwendet.
Bei gleichem Außendurchmesser ist der Innenleiter eines 75 Ohm Kabels etwas dünner als der eines 50 Ohm Kabels, so dass der Abstand zwischen den Innen- und Außenleiter und damit die Spannungsfestigkeit etwas größer wird.
Das Koaxialkabel RG-59 kann im Allgemeinen und in Verbindung mit SHV Steckverbindern bis etwa 3 kVrms bzw. 4,2 kVDC (typ.) verwendet werden.
[1] MIL-C-17G, Military Specification, Cables, Radio Frequency, Flexible and Semirigid, General Specification for, 1990
[2] MIL-DTL-17J, Detail Specification, Cables, Radio Frequency, Flexible and Semirigid, General Specification for, 2019
[3] Times Microwave, Silicon Dioxide Coaxial Cable Assemblies, Times Microwave Systems, An Amphenol Company, www.timesmicrowave.com
[4] Harbour Industries, LL (Low Loss) Coaxial Cable, Datenblatt, www.harbourind.com
[5] Micro-Coax, Understanding Phase Versus Temperature Behavior "The TeflonTM Knee", Application Note, Pottstown, www.micro-coax.com
[6] DIN EN 60966-1: Konfektionierte Koaxial- und Hochfrequenzkabel, Teil 1: Fachgrundspezifikation, Allgemeine Anforderungen und Prüfverfahren, Beuth Verlag, 1999
[8] Mund, Bernhard: Kabel-Mikrofonie - exakt gemessen, Zeitschrift Elektronik, 19/1996
[9] Tektronix, Low Level Measurements Handbook - 7th Edition
[10] Habia, RGL 316, Datenblatt, Habia Cable, www.habia.com
[11] Gore, Gore Technologien, W. L. Gore & Associates GmbH, www.gore.de/ueber-gore/technologien
[12] Microwave Product Digest, Advances in Dielectric Processing Enhance RF Coax Cable Performance, Dynawave Incorporated, MP Digest 3/2016, www.mpdigest.com