Unstabilitäten bei Low Loss Kabeln

Low Loss Koaxialkabel zeichnen sich durch eine besonders niedrige Dämpfung aus und werden daher zunehmend in der Nachrichtentechnik eingesetzt. Im Gegensatz zu einem Standardkabel kann aber insbesondere im Frequenzbereich über 3 GHz eine Bewegungsabhängigkeit der Dämpfung und des SWRs beobachtet werden, wenn das Kabel im Übergangsbereich zwischen Kabel und Steckverbinder bewegt wird. Auch Peaks mit veränderlicher Frequenz können entstehen.

Realisierung von verlustarmen Koaxialkabeln

Um eine möglichst niedrige Kabeldämpfung zu erzielen, bei gleichem Außendurchmesser und gleichem Wellenwiderstand, ist eine möglichst  niedrige relative Permittivität notwendig. Um den Wellenwiderstand gleich zu halten, muss dann der Außendurchmesser des Innenleiters ansteigen, wodurch seine Verluste sinken.

Die Verluste des Innenleiters tragen bei üblichen Betriebsfrequenzen überwiegend zur Gesamtdämpfung des Kabels bei und führen so zu einem Kabel niedriger Dämpfung.

Die Verluste des Dielektrikums reduzieren sich zwar auch mit abnehmender relativer Permittivität des Dielektrikums, der Einfluss wird aber erst bei sehr hohen Frequenzen zunehmend relevant.

Zur praktischen Realisierung eines Dielektrikums mit niedriger rel. Permittivität verwendet man geschäumtes oder mit Luftzellen versehenes Polyethylen (PE). Beispielsweise hat ein 50 Ohm Standardkabel mit festem PE-Dielektrikum von d=7,3 mm (10 mm Kabelaußendurchmesser) einen Innenleiterdurchmesser von ca. 2,3 mm. Ein vergleichbares Kabel mit geschäumten PE Dielektrikum (d=7,3 mm) erfordert für den gleichen Wellenwiderstand einen  Innenleiterdurchmesser von ca. 2,8 mm.

Low Loss Kabel bestehen also im Vergleich zu einem Standardkabel aus einem geschäumten Dielektrikum und einem größeren Innenleiterdurchmesser. Der Außenleiter besteht bei diesen Kabeln aus einer leitfähigen Folie, die das Dielektrikum vollständig umgibt, und zusätzlich einem (wenig dichten) Geflechtschirm zwischen Folie und Mantel. Die geschlossene Folie bildet einen sehr gleichförmigen und lückenlosen Außenleiter und führt zu niedrigen Verlusten des Außenleiters sowie einer hohen Schirmdämpfung, wie dies von zeitgemäßen Koaxialkabeln gefordert wird.

Der Übergang zwischen Folie und Steckverbinder als Problem

Bei hohen Frequenzen ist die Folie der elektrisch relevante Außenleiter des Kabels. Für ein niedriges SWR ist also der Übergang zwischen Folie und Steckverbinder entscheidend, nicht das Geflecht. Aus diesem Grund wird die Folie auf dem Dielektrikum belassen und zusammen mit diesem in die Crimptüllenbohrung des Steckverbinders eingeschoben (Bild 1). Durch die elektrische Verbindung der Folie mit der Crimptüllenbohrung ergibt sich ein möglichst geradliniger Verlauf des Außenleiters ohne Stoßstellen.

Die bei hohen Frequenzen wichtige Verbindung der leitfähigen Folie zum Steckverbindergehäuse basiert jedoch auf einer – mehr oder weniger – undefinierten Berührung zwischen Folie und Steckverbinder. Eine mechanische Fixierung o.ä. ist nicht vorgesehen, denn mit der Außenleitercrimpung wird nur das Geflecht mechanisch festgehalten.

Wie gut oder schlecht der Übergang zwischen Folie und Steckverbinder letztendlich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen insbesondere die Rauigkeit der Folie, das Bohrungsübermaß der Crimptüllenbohrung und die Größe der möglichen Berührungsfläche. Wie man sich aber leicht vorstellen kann, wird sich die elektrische Verbindung ändern, wenn man das Kabel in unmittelbarer Nähe des Steckverbinders biegt oder eine Zug- oder Druckbeanspruchung in Richtung Steckverbinder ausführt.

Wird die Außenleiterverbindung aber nicht über den gesamten Umfang  des Steckverbinders vollständig hergestellt, entsteht an der Lücke eine kleine Kapazität. Diese bildet zusammen mit der Induktivität der übrigen Verbindung einen Parallelschwingkreis - ein Dämpfungspeak entsteht (Bild 2). Durch Bewegung des Kabels an der Steckverbindung verschiebt sich dabei auch die Resonanzfrequenz.

Am Netzwerkanalysator lässt sich die Veränderung von Einfügedämpfung und Rückflussdämpfung (SWR) bei einer Biegung des Kabels im Bereich der Außenleitercrimpung sehr gut beobachten. Dieser Effekt tritt insbesondere bei höheren Frequenzen ab etwa 2…3 GHz auf.

Das beschriebene Verhalten ist eine unvermeidbare, herstellerunabhängige technische Eigenschaft der Kombination Kabel mit Folien-/Geflechtaußenleiter in Verbindung mit einem Crimpstecker.

LowLoss Crimpstecker

Bild 1: Das Dielektrikum wird mit der Folie in die Crimptüllenbohrung  eingeschoben. Nur das Geflecht wird zwischen Crimptüllenbohrung und Crimphülse festgeklemmt.

Peak

Bild 2: Ein Peak erhöht bei diesem Low Loss Kabel mit Crimpsteckern die Einfügedämpfung (rote Linie) bewegungsabhängig auf etwa 4,5 dB bei 4 GHz

Lösungen

Prinzipiell wäre es möglich die Bewegungsabhängigkeit zu verhindern, indem man die Folie bei der Steckverbindermontage entfernt. Dies führt jedoch bei hohen Frequenzen zu einer erheblichen Verschlechterung der Anpassung und anderen negativen Eigenschaften, so dass wir ausdrücklich davon abraten.

Mit einem Verkürzen der Folie kann man aber zumindest in einigen Fällen die Resonanzfrequenz zu höheren und damit möglicherweise nicht mehr relevanten Frequenzen verschieben.

Eine andere Lösung ist aber die Verwendung eines Steckverbinders mit Klemmmontage. Hierbei ist der Übergang zwischen Folie und Steckverbindergehäuse sowohl elektrisch als auch mechanisch deutlich zuverlässiger und stabiler ausgeführt.

Manche Hersteller verwenden hierzu eine Hülse, die zwischen Folie und Geflecht eingeschoben wird. Zur mechanischen Stabilisierung ist die Hülse geschlitzt und eine Stopfbuchse drückt die Hülse zusammen und so gegen die Folie. Die Hülse stellt anschließend einen stabilen und flächigen Kontakt mit dem Steckverbindergehäuse her.

Andere Hersteller verwenden einen Ring, der über das Dielektrikum geschoben wird. Das Kabelgeflecht wird zwischen der Stirnseite des Rings und dem Steckverbindergehäuse eingeklemmt. Der elektrische Übergang zwischen Folie und Steckverbindergehäuse erfolgt über das Geflecht auf sehr kurzem Weg. Das Kabel ist mechanisch stabil im Steckverbinder fixiert.

Eine Bewegungsabhängigkeit der Einfügedämpfung und des SWRs tritt bei Klemmsteckern in der Regel nicht oder nur sehr stark reduziert auf. Die Verbindung ist deutlich zuverlässiger. Wir empfehlen daher für bestimmte Low Loss Kabel mit Folien-/Geflechtaußenleiter ausschließlich die Verwendung eines Klemmsteckers. Gerne beraten wir Sie hierzu.

LowLoss Crimpstecker

Bild 3: Einfüge- und Rückflussdämpfung zweier identischer 80 cm langen Low Loss Kabel. Das obere Bild zeigt die Messwerte mit N Crimpstecker und einem minimalen Peak knapp unter 6 GHz. Das untere Bild zeigt die bei hohen Frequenzen bessere Anpassung der N Klemmstecker. Ein Peak tritt nicht auf.